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Magie - professionelle Illusion?

Gibt es für alles eine logische Erklärung?

Von Zauberern, Verwünschungen und Kartentricks

Magie – ein großes Wort. Seit jeher ist der Glaube an Magie oder übernatürliche Kräfte fester Bestandteil unserer Kultur. Magie bezieht sich auf Fragestellungen, die in der Wissenschaft nicht gestellt und beantwortet werden. Magie ist nicht rational erklärbar. Im Mittelpunkt steht immer die Suche nach der Wahrheit oder einem „heiligen Wissen“. Das heilige Wissen, auch Gnosis genannt, war seit jeher der Kern der magischen Tradition. Meist wurde dieses heilige Wissen in Geheimbünden und Zirkeln  weitergegeben. Manche andere gingen offener damit um. Die Vorstellung, dass Magie real ist, wurde in der westlichen Tradition durch Sagen und Märchen fest verankert.

Doch was ist Magie überhaupt? Viele von uns mögen eine vage Vorstellung davon haben, eine exakte Definition wird (für einen Laien) schon schwieriger. Durch die Epochen hindurch haben sich „Magier“ mit viel Eifer und Ausdauer dem Thema systematisch gewidmet. Heinrich Solter z.B. legte in der Verteidigung seiner Dissertation 1648 dar, die Beschäftigung mit Magie sei erstens Physik und zweitens habe nicht jegliche Form der Magie als unerlaubt (illicita) zu gelten. Der Missbrauch der Magie sei zu beseitigen, damit ihr Nutzen übrigbleibe, und Magie, die ihre Grundlagen in der Natur habe und frei von Aberglauben sei, sei erlaubt und ehrfürchtig zu betrachten.

Nach Solter umfasst die Magia naturalis sechs Bereiche (species):

  1. Deutung außernatürlicher Zeichen, die in der Natur vorkommen und von Gott mit besonderen Kräften versehen wurden, insbesondere die Astrologie

  2. Verwandlung von Körpern, die in der Verklärung Christi vorgeformt sei

  3. Erschaffung und Anwendung von Wörtern, die Macht besitzen (siehe Zaubersprüche oder die henochische Sprache; Anm.)

  4. Bilder und Skulpturen, in die die Kräfte des Himmels geprägt seien durch Charaktere und Figuren

  5. Bilder aus Wachs und ähnlichen Materialien, die gegen Schadenzauber wirken

  6. die Ars Cabalistica, die sich hier nicht auf die Theologie der Kabbala bezieht, sondern auf Anwendung von Buchstaben, Zeichen, Wörtern, Figuren und Sigillen.

In unserem heutigen rationalen und wissenschaftlichen Verständnis mag es verwundern, dass sich eine Dissertation mit Magie beschäftigt. Doch war die Existenz von magischen, übernatürlichen Kräften durch die Epochen hindurch vom Großteil der Bevölkerung akzeptiert. Dies stand auch nicht im Gegensatz zur frommen Religionsausübung, sondern die Magie wurde als der Religion komplementär angesehen. Habe doch beides einen göttlichen Ursprung.

In der frühen Neuzeit der europäischen Geschichte (1450–1750) gab es neben der intellektuellen Hochmagie der Renaissance auch im einfachen Volk vielfältige magische Praktiken. Diese wurden von sog. "weißen Hexen" in fast jedem Dorf ausgeführt, die Zauberer, Hexer oder Weise waren, die als Volksheiler galten und deren Dienste in Anspruch genommen wurden, insbesondere auch, um negative Wirkungen der schädlichen Hexen zu exorzieren. Andere magische Praktiken der weißen Hexen waren z. B. Wahrsagen und Herstellung von Heilmitteln und Heilzauber für viele Krankheiten, sowohl von Menschen als auch von Tieren. Die weißen Hexen galten als Kämpfer gegen die gefürchtete schädliche Hexerei, wozu magische Mittel benutzt wurden, weshalb auch die weißen Hexen im Volk gefürchtet waren, obwohl man ihnen Ehrerbietung entgegenbrachte. Hexen und Magie waren Teil der Volkskultur dieser Zeit, das Bild der bösen Hexe, die dämonische Züge hatte, wurde von der christlichen Kirche konstruiert. So kam es dann nach und nach zum Klischee der bösen Hexe, die als antichristlicher Teufelsbündler angesehen wurde.

Anfang des 20. Jahrhunderts erlebte die Magie eine Renaissance durch das Wirken des Magiers Aleister Crowley, der Mitglied des Golden Dawn und des 1903 gegründeten magischen Ordens Ordo Templi Orientis war. Andere bekannte Magier der Moderne sind zum Beispiel Franz Bardon (Frabato), Dion Fortune, Austin Osman Spare und Israel Regardie.

Neue magische Konzepte gehen davon aus, dass alle Dinge und Ereignisse in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft im Universum miteinander in Verbindung stehen. Zu den „magischen Techniken“ (Arnold Gehlen) gehören veränderte Bewusstseinszustände. „Magische Arbeit“ wird meist in Trancezuständen oder in meditativen Zuständen, welche die persönliche Identifikation transzendieren, durchgeführt. Überhaupt ist die Erlangung eines höheren, besseren oder auch gottgleichen Zustandes ein Motiv, das sich immer wieder bei selbst ernannten Magiern findet.

In der heutigen Gesellschaft ist Magisches Denken durch Sagen und Märchen, aber auch durch zeitgenössische Literatur und Filme fest verankert. Magisches Denken bezeichnet in der Psychologie eine Erscheinungsform der kindlichen Entwicklung, bei der eine Person annimmt, dass ihre Gedanken, Worte oder Handlungen Einfluss auf ursächlich nicht verbundene Ereignisse nehmen, solche hervorrufen oder verhindern können. Herkömmliche Regeln von Ursache und Wirkung werden ignoriert.

 

Annahmen bei Magischem Denken:

  • es gäbe übernatürliche Fernwirkung;

  • Gegenstände könnten Eigenschaften ihrer Besitzer übertragen;

  • Dinge, die eine Eigenschaft gemeinsam haben, seien auch in Anderem ähnlich (vgl. beispielsweise Homöopathie, Signaturenlehre oder Analogiezauber);

  • man könne die Außenwelt durch Worte, Formeln, Sprüche oder bloße Gedanken beeinflussen;

  • die Zukunft sei vorhersehbar, bestimmte Dinge oder Vorgänge hätten eine Vorbedeutung, auch ohne Verbindung mit künftigen Ereignissen;

  • Symbole, zum Beispiel Amulette hätten eine Wirkung;

  • bestimmte Menschen hätten übernatürliche Kräfte oder könnten Wesen mit solchen Kräften in ihren Dienst zwingen;

  • Geister, Götter oder Geheimgesellschaften könnten voneinander getrennte Ereignisse oder Phänomene verbinden.

 

Auch die Thematik von Zaubersprüchen findet sich immer wieder über alle Epochen und in allen Kulturkreisen. Dahinter liegt die Vorstellung, dass der Magier übernatürliche Kräfte nutzen könne, wenn er sich bestimmter magischer (heiliger) Worte bedient. Im Unterschied dazu agiert der Gläubige beim religiösen Gebet als Bittsteller. Er bittet die höhere Macht um Vergebung, eine bessere Ernte etc. Der Magier hingegen will die übernatürliche (göttliche) Kraft selbst kontrollieren.

Die henochische Sprache ist eine angeblich magische (göttliche) Sprache. Der Mathematiker, Geograph und Alchemist John Dee (1527–1608), der damals noch als Hofastrologe und Berater der englischen Königin Elisabeth I. tätig war, notierte sie nach dem Diktat des Mediums Edward Kelley (1555–1597), solange es sich in Trance befand. Laut Kelley sollte diese Sprache der Kommunikation Gottes mit seinen Engeln dienen. Kelley und Dee wollen sie von Engeln empfangen haben. Sie verfügt über ein individuelles Alphabet, Wortschatz und Grammatik.

Seit dem Hermetic Order of the Golden Dawn ab 1888 fand das henochische System Einzug in den Fundus magischer Praktiken. So beschäftigten sich etwa Aleister Crowley, der Order of the Cubic Stone und Anton Szandor LaVey mit der henochischen Sprache.

Zu erwähnen sei noch die Zauberkunst. Hier geht es nicht um „echte“ Magie, sondern um Unterhaltung. Die Zuschauer wissen, dass es sich bei der Zaubervorstellung um Tricks handelt und lassen sich bewusst auf die Illusion ein.

Als Fazit bleibt mir zu sagen: Möge jeder glauben, was er will. Die Vorstellung, dass übernatürliche Kräfte unsere Welt mitbestimmen, war seit jeher fest im Glaubenssystem der Menschen verankert und wird so schnell wohl auch nicht verschwinden. Jedenfalls geht eine Faszination davon aus, die ihre eigenen Blüten trägt. In der Geschichte wurden zahlreiche ernstgemeinte Zauberbücher verfasst. Wikipedia listet über 80 existierende magische Schriften auf (bis spätestens um 1800).

Vieles aus unserem heutigen Alltag wäre den Menschen von vor hundert Jahren und davor noch als die reinste Zauberei erschienen. Man danke nur an das Smartphone oder künstliche Intelligenz. In diesem Sinne möchte ich diesen Artikel mit einem Zitat schließen:

„Technologie wird immer als Magie bezeichnet, bevor sie verstanden wird, und nach einer gewissen Zeit entwickelt sie sich zu einer normalen Wissenschaft.“

 

Tommaso Campanella (1568–1639)

 

 

Quelle: Wikipedia

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